Zum 4. Advent gibt es heute mal ein PLOC-am-Sonntag Spezial im Blog-Format, das etwas ausführlicher ausfällt und sich mit einem wichtigen Aspekt im Trading beschäftigt: Dem Nachkaufen im Verlust. Ein brisantes und in der Tradingszene immer wieder heiß diskutiertes Thema. Ist das Nachkaufen im Verlust nun die Todsünde schlechthin oder kann es möglich sein, mit dieser Technik eine profitable Tradingstrategie zu konzipieren?
Tradingstrategien gibt es wie Sand am Meer. Während die einen Trader mit extrem engem Stopp nur wenige Punkte aus dem Markt „scalpen“ möchten, halten andere ihre Investments bis in alle Ewigkeit und kaufen lediglich von Zeit zu Zeit ein paar Stücke nach. Was im Bereich des Buy-and-Hold-Ansatzes als völlig normal gilt, nämlich bei Aktien in Korrekturen noch mal schön nachzulegen und billig einzukaufen um seinen Durchschnittspreis zu verbessern, ist im Bereich des Daytradings zumeist verpönt – teilweise zu Recht – im Grunde aber jedoch zu Unrecht. Denn am Ende kommt es nur auf die richtige Vorbereitung an. In der heutigen PLOC-am-Sonntag-Folge wollen wir einfach mal untersuchen, wann ein Nachkaufen im Verlust profitabel ist und wann es stattdessen zum Kontovernichter wird.
Wo steige ich ein? Wo steige ich aus?
Dabei beginnt die Grundproblematik der meisten Tradinganfänger bereits zu Beginn ihres erstes Kontakts mit den Basics im Handel bei der deutschen Tradingliteratur: Tonnen von Tradingbüchern beschäftigen sich mit der Frage, wo und warum man am besten in einen Trade einsteigt und welche Indikatoren man dazu verwenden kann. Doch kaum ein Buch beschäftigt sich mit dem Elementarsten und Wichtigsten überhaupt, was am Ende jedoch den profitablen vom unprofitablen Trader unterscheiden wird: dem Risiko- und Money Management auf dem Niveau einfacher Mathematik. Leider wird der neue Trader meist erst viele vernichtete oder halbierte Tradingkonten und Jahre später dahinter kommen, dass es im Grunde weniger wichtig ist, wo man in einen Trade einsteigt, sondern wie man einen Trade am besten verwaltet, der entweder in den Gewinn oder Verlust läuft, was wir gar nicht aus eigener Macht beeinflussen können.
Das Problem mit dem Hebel
Während also der Aktien-Investor in Crashphasen immer wieder schön neu zugreifen und sein Aktiendepot aufstocken darf, zumindest in der Hoffnung, dass die entsprechende Aktie niemals auf Null sinkt, hat der Daytrader im Bereich Forex, Futures und CFDs ein Problem am Hals – den Hebel. Was auf der einen Seite ein Segen ist, um kleine Konten schnell hochzuziehen, kann auf der anderen Seite zu Fluch werden, wenn der sich der eingegangene Trade in die falsche Richtung entwickelt und dem Handelskonto den Garaus macht. Während also der Aktieninvestor entspannt seine Verluste aussitzen kann, geht bei unserem angehenden Daytrader der Puls in die Höhe, bis schließlich die Rote Lampe in der Handelsplattform mal wieder den Margin Call einläutet. Klasse, wieder ein Konto vernichtet. Aber war es nun die Schuld der Tradingtechnik, im Verlust weiter nachgekauft zu haben oder lag es nicht eher an der falschen Einschätzung der Hebelwirkung, die natürlich in beiden Richtungen zum Tragen kommt?
Wie weit kann ich nachkaufen und wie gestalte ich meine Positionsgröße?
Schaut man sich einmal an, wie große Institutionen an der Börse agieren, dann fällt eines auf: Niemand davon kauft 50.000 S&P-Kontrakte im Future auf einem Preislevel und setzt den Stop 3 Ticks darunter, um im Anschluss den Rosenkranz zu beten, dass dieser doch bitte halten soll. Abgesehen davon, dass es technisch gar nicht möglich wäre, ist es einfach sehr leichtsinnig, alle Eier in einen Korb und alles auf die Marke von 4327 Punkten zu legen. Große Institutionen skalieren sich stattdessen langsam in einen Markt in die gewünschte Richtung rein, und bauen ihre Positionen langsam wieder ab oder weiter auf, wenn diese in den Gewinn oder Verlust laufen. Dabei hat das Nachkaufen im Verlust über eine bestimmte Spanne einen ebenso wichtigen Stellenwert wie das Nachkaufen im Gewinn.
Heute schon geploct?
Bevor ich mich also ins Abenteuer Daytrading stürze und mir den Kopf darüber zerbreche, ob der Markt morgen hoch oder runter geht und wo der DAX wohl an Weihnachten stehen wird, was sowieso niemand seriös beantworten kann, sollte ich mir zwingend folgende Fragen stellen, wenn ich es irgendwann zum profitablen Trader schaffen möchte:
- Wie groß ist mein Handelskonto und passt der Handelsstil zu meinem Konto?
- Welche Kontraktgröße kann/will ich mir maximal leisten?
- Wie lange baue ich meine Positionen auf und ab wann baue ich sie konsequent wieder ab?
- Wie weit kann ich nachkaufen ohne ein persönliches Verlustlimit zu erreichen?
- Wie weit bewegt sich mein Markt im Schnitt am Tag?
- Welche Gewinne kann ich mit dieser Positionsgröße wahrscheinlich erwirtschatfen und wie werden diese im Verhältnis zu meinen Verlusten stehen?
Wer sich mit diesen Fragen nicht eingehend beschäftigt sondern stattdessen tagein tagaus verzweifelt den Fokus darauf legt, an welchem Fibo-Level der Kurs nun wohl drehen könnte, in welcher Elliott-Welle wir uns befinden oder ob das bärische Harami nicht doch ein verünglückter Doji war, der hat keine Chance im Trading profitabel zu werden. Der konkrete (Erst-)Einstieg in einen Trade nach diesem oder jenem Signal ist am Ende nur noch das i-Tüpfelchen, was jedoch in den meisten Fällen in der Realität völlig übergewichtet wird.
Positionsaufbau mit Kopf
Um es also zu machen wie die „großen Jungs“ mit ihren Mega-Konten, müssen wir entweder ebenfalls mit einem großen Konto handeln oder unsere Positionsgröße nach unten anpassen und mit Microlots handeln, wenn wir nur ein kleines Konto zur Verfügung haben, wie es bei den meisten privaten Retail-Tradern der Fall ist. In der heutigen PAMS-Folge zäumen wir also das Pferd mal von hinten auf und rechnen aus, wie viele Kontrakte oder Micro-Kontrakte wir uns leisten können, wenn unser Maximalrisiko bei 1000 Dollar liegt.
Die ATR – Dein Freund und Helfer
Ohne die ATR, die Average True Range, geht im Daytrading gar nichts. Ich muss zu jeder Zeit wissen, wie viele Punkte sich der Markt in dem ich handle im Schnitt auf- und nieder bewegt. Anhand der ATR kann ich mir dann ausrechnen, was ich im best case ungefähr an Gewinn und im worst case ungefähr an Verlust zu erwarten habe. Gehen wir heute also einmal ein paar konkrete Beispiele durch und lassen den geliebten StopLoss erstmal mal beiseite wenn es darum geht, sein Risiko clever zu managen.
Kenne Deinen Wert!
Dabei gilt es auch, seinen Handelswert gut zu kennen. Während Aktien und Aktienindizes generell aufgrund ihrer Natur eher eine Tendenz zum Steigen haben, bewegen sich Forexpaare und Rohstoffe grundsätzlich in einer großen Range und können immer wieder über lange Zeiträume fallen.
Konkrete Handelsbeispiele
In der Folge ein paar konkrete Handelsbeispiele, um den Sacherverhalt zu verdeutlichen mit der Annahme, dass wir nicht mehr als 1000 Dollar von unserem Handelskonto verlieren möchten. Mit unseren Kontrakten möchten wir mindestens die 1-fache ATR abdecken können.
Nachkaufen: diese Fehler sollte man vermeiden
Um das Down-Averaging nicht zum Kontovernichter werden zu lassen, ist eine gut durchdachte Risikokontrolle unabdingbar – sei es durch eine Hedging-Position oder den geschickten Positionsabbau, falls die Verluste drohen aus dem Ruder zu laufen. Vermeiden sollte der Trader dabei ein Martingale-System (Verdoppelung der Positionsgröße gegenüber der vorangegangen Position) über eine große Strecke, nur um mit dem Durchschnittspreis möglichst schnell wieder auf Break Even zu kommen. Das wird nicht oft funktionieren. Ebenfalls sollte er vermeiden, zu schnell und zu aggressiv nachzukaufen, sondern geduldig auf eine neue Bodenbildung oder entprechende Widerstände und Unterstützungen zu warten, um weitere (erneut) Positionen aufzubauen.
Fazit
Das Nachkaufen im Verlust kann zu einer entspannteren Handelsatmosphäre führen, wenn man es richtig praktiziert. Wichtig dabei ist zu beachten, dass der durschnittliche Gewinn in seiner Höhe etwa die Waage mit dem durschnittlichen Verlust liegt, falls der worst case einmal eintritt. 80 Prozent aller Trader scheitern nachweislich – und meist ist es nicht die Schuld des falschen Einstiegs, sondern der falschen Tradeverwaltung in Kombination mit zu viel Gier und Angst, sodass man problemlos ein Konto auch langsam und qualvoll mit einem engen Stop vernichten kann. Am Ende ist alles eine Frage des richtigen Positionsmanagements und einer cleveren Risikokontrolle sowie natürlich auch einer gewissen Trading- und Markterfahrung. Noch besser als das Nachkaufen im Verlust in der risikolose Positionsaufbau im Gewinn in Form einer Pyramide, der jedoch eine besondere Handelstechnik und viel Erfahrung erfordert.